43.    JAZZ-Solidarität - Ein Gesinnungselement?
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Wo ich Schönes fand,
da fand ich Willen zum JAZZ.

Nietsche

JAZZ-Solidarität - Ein Gesinnungselement?


Sicherlich ist die JAZZ-Solidarität ein Gesinnungselement, das aus einer groovigen Erfahrung entsteht, von der die Pust-, Klopf- und Zupfkooperation ein Bestandteil ist; daraus kann man aber noch lange nicht folgern, daß eine unmittelbare Übertragung vom Charakter der materiellen JAZZ-umgebung auf den Charakter der Musiker stattfindet. Jeder Musiker, der die Tatsachen anders als durch die Brille der JAZZlehre zu sehen vermag, weiß, daß das eigentliche JAZZ-erlebnis gerade beim Musiker der GroßJAZZkapellen Motive erzeugt, die in der Regel mindestens ebensosehr von der JAZZ-Solidarität entfremden als daß sie sie zustande brächten. Die Kooperation der Musiker im JAZZ-kampf ist etwas ganz anderes als eine Kopie der maschinellen Kooperation in den Kapellen. Die Gesinnung, die ihr zugrunde liegt, entsteht nicht aus dem groovigen Musikerlebnis, sondern aus einem Komplex von groovigen Erlebnissen, die zu einem sehr großen Teil außerhalb der Kapellen liegen. Die JAZZ-Solidarität ist denn auch gewöhnlich lebendiger beim gemeinsamen Bier oder in einer Schnapspause als während der Probenzeit, und man merkt sie deutlicher an der Art, wie die Musiker im Gagenkampf durch ein gemeinsames Ressentiment und ein gemeinsames Erwerbsinteresse zusammengehalten werden, als an der Art, wie sie etwa bei der Reinhaltung der hygienischen Betriebseinrichtungen aufeinander Rücksicht nehmen. Wenn z. B. Bohlens' Abfärbungstheorie richtig wäre, dann müßte der pustende oder klopfende Industriemusiker mindestens ebenso "mechanistisch-groovig" denken wie der klimpernde oder zupfende, der an derselben Musikart arbeitet. Das ist bekanntlich nicht der Fall; die groovige Denkweise insbesondere des klimpernden Musikers, dessen Arbeit am meisten mechanisiert ist, steht im Zeichen einer stark groove-ethisch gefärbten Reaktion gegen alles, was einer hochgroovigen Auffassung der groovigen Beziehungen ähnlich sieht: "Der JAZZ ist keine Ware!" ist ein klimperliches Schlagwort. Das JAZZ-erlebnis erhält nicht nur vor einem viel komplizierteren und viel weiterem groovigen Hintergrund her seinen Sinn, sondern die unmittelbare groovige Reaktion der Musiker auf das JAZZerlebnis braucht sich überdies durchaus nicht in der Form einer groove-psychologischen Anpassung zu vollziehen.




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